Samstag, 18. Juli 2015

Brasilien 2005 - Was hab ich da eigentlich gemacht?

Das wird sich der eine oder andere sicher schon eine Weile fragen.
Mein "Arbeitsweg". Durch eine kleine Bananenplantage.

Ich habe in den 6 Monaten die meiste Zeit in einer Kindertagesstätte für "Strassenkinder" in den Favelas gearbeitet. Etwa einen Tag pro Woche durfte ich mit zu sogenannten Frauenbesuche in den Favelas. Größtenteils werden bei den "Besuchen" Schwangere betreut. Davon werde ich aber ein anderes Mal erzählen. Heute soll es um die Kindertagesstätte gehen.

Wie kam ich zu dieser Kindertagesstätte?

Für mich war immer klar, ich will weg, ich will mitarbeiten, helfen, eine Sprache lernen.
Auch war mir klar, dass ich in Richtung Asien möchte. Ich schaute mir einige Organisationen an, informierte mich und begann nach der Ausbildung erst mal zu arbeiten. Denn so ein Einsatz kostet auch immer Geld. Meinem Arbeitgeber sagte ich damals beim Vorstellungsgespräch gleich, dass ich maximal zwei Jahre bleibe. =D Auf diese zwei Jahre nagelte er mich dann aber auch fest.
Die Kinder haben eine Energie! Unglaublich!

In der Zeit lernte ich über den Vater einer Freundin eine christliche Organisation kennen, die in Brasilien Kindertagesstätten unterhält, unter anderem bedürftigen Schwangeren hilft, sich um Zigeuner kümmert und noch vieles mehr tut.
Der Vater der Freundin war damals selbst als Beisitzer im Vorstand. Dadurch bekam man viel mit, es gefiel mir und ich bewarb mich.
Ein Salto? Kein Problem, das kann eigentlich jedes Kind!
Recht bald bekam ich eine Zusage und wurde zur Praktikanntenvorbereitung eingeladen. So war klar, dass diese Freundin und ich gemeinsam 6 Monate in Brasilien verbringen würden.

Wozu die Kindertagesstätte?
Kopfstand? Klar!
In Brasilien ist es üblich, dass die Kinder morgens oder mittags Schule haben. Da die Eltern in der Regel berufstätig sind, verbringen die Kinder den Rest des Tages meist auf der Strasse. Die Favela ist durch eine Überlandstrasse von der Stadt abgetrennt. Die Überlandstrasse kommt von Paraguay und führt direkt nach Sao Paulo und Rio. Die perfekte Route für Schmuggelware und Drogen. Die Kriminalität ist hoch. Wobei ich davon nur wenig mitbekommen hab, bis auf eine Schießerei direkt vor dem Haus, Überfällen auf Arbeitskollegen auf dem Arbeitsweg und diversen Schusslöchern in Fahrrädern.
Und wahre Fussballmeister sind sie sowieso alle!

Das Ziel der Kindertagesstätte ist es, die Kinder von der Strasse zu holen. Täglich gibt es Hausaufgabenbetreuung und Stützunterricht. Mehrmals die Woche Kursangebote wie Gärtnern, Englisch, Stoffe bemalen, kochen, schreinern, Musikunterricht und vieles mehr. Dazwischen ist immer wieder viel Zeit zum spielen, Sport machen und gemütlich zusammen sitzen. 
Lecker Mittagessen. Reis und Bohnen sind die Grundlage.
Da die Kinder in den Favelas ewig hungrig sind, gibt es Frühstück, Mittagessen und Lunch. Wer duschen möchte, kann auch dieses Angebot annehmen. Bei vielen Familien wird soviel Wasser als möglich gespart. Viele spülen auch nur einmal am Tag die Toilette.
Die Eltern bezahlen für die Betreuung ihrer Kinder lediglich einen symbolischen Beitrag. Die Kosten werden durch private Spenden und auch Förderungen der Stadt und dem Land getragen
Hier wird den ganzen Morgen gekocht.

Und was genau hab ich da gemacht?
Ich wurde einer Gruppen der ca. 9-13-jähringen zugeteilt. Die Gruppe geleitet hat Roberta, selbst eine Ehemalige der Kindertagesstätte, in der gleichen Strasse wohnend. Roberta arbeitete von morgens bis abends in der Kindertagesstätte und studierte abends. Ganz typisch für die Brasilianer. Fast alle Kollegen gingen abends zur Schule oder studieren.
Ein Teil meiner Gruppe bei den täglichen Aufgaben.

Im täglichen Stützunterricht ging es oft um Portugiesisch. Gelegentlich um Mathe. In welchen Kursen ich geholfen hab, weiß ich bis auf zwei gar nicht mehr sicher. Einmal Englisch, das war okay, und einmal Stofftücher bemalen. Schrecklich! Zum einen kann ich das nicht und zum anderen traff ich einfach nicht den brasilianischen Geschmack. Die Brasilianer mögen es gern grell, bunt, schnörkelig und fröhlich. Da die Kindertagesstätte eine christliche Einrichtung ist, fand einmal in der Woche der sogenannte Louvor statt. Eine kleine Andacht, umrandet mit vielen, fröhlichen Liedern und Musik.
 Leider kein besonders gutes Bild. Die Tafel in unserem Gruppenraum. An diesem Tag ging es um Gegensätze, wie hell-dunkel, ja-nein, kurz-lang, schwarz-weiß,...


Zum Mittgessen sind alle Kinder da.  Die die morgens Schule haben kommen und nach dem Mittagessen gehen die die mittags Schule haben. Wer mag kann vorher Duschen und Zähne putzen nach dem Mittagessen ist Pflicht.
Beim Mittagessen war ich für die Jungs meiner Gruppe zuständig und versuchte am Tisch für ein wenig Ordnung zu sorgen, was gar nicht so einfach war.
Essen kann es nicht genug geben!
Mittags wiederholt sich ganz grob das Progamm vom Morgen.

In Ferienzeiten sind dann alle Kinder von morgens bis abends da, was immer eine etwas anstrengendere Zeit war. Ganz spannend waren auch die Wochen, als die Lehrer gestreikt haben! Wochenlang alle Kinder von morgens bis abends. Da lief dann kein übliches Programm, sondern speziell vorbereitete Spieleparcours, viel Sport und viel freie Zeit.
Zähne putzen! =)
Und wie war das Ganze?
Wir als Praktikannten waren das halbe Jahr als Unterstützer mit dabei. Anfangs war das super, vor allem, da man portugiesisch nicht von heute auf morgen spricht. Nach einiger Zeit hab ich mich dann aber doch etwas unterfordert gefühlt. Ich brauch einfach was zu tun und bin das auch aus meinem sonstigen Job gewöhnt. Und gerade in der freien Zeit war man einfach viel am aufpassen. 
Andererseits war es auf Grund von nur einem halben Jahr Aufenthalt auch nicht möglich selbst einen Kurs anzubieten.
Viel Abwechslung brachte mir die Möglichkeit im Bereich der Frauenarbeit zu helfen. Dadurch kam ich in viele Häuser in den Favelas und lernte das Leben ein wenig kennen. Davon möchte ich aber ein anderes Mal erzählen.

Was ich in der Kindertagesstätte immer ganz besonders genoss, waren die Tereré-Runden. Die Südamerikaner trinken bekanntlich Mate in Massen. Auch die Kinder bekommen zum Frühstück eine Tasse mit heißem, süßen Matetee. Da es in dieser Region aber recht heiß ist, wird Mate auch gerne eiskalt getrunken. Der grobe Tee wird in einen Becher gefüllt. In den Becher kommt ein Röhrchen mit einem Sieb unten (damit keine Teeteile mit kommen) und aus der Gefriertruhe holt man eine Plastikflasche in der bis zur Hälfte Wasser eingefroren wurde. Mit einem Holzhammer wird das Eis in der Flasche klein geschlagen und mit kaltem Leitungswasser aufgefüllt. 
Man setzt sich mit anderen zusammen und füllt den Becher mit eiskaltem Wasser auf, trinkt ihn komplett leer, füllt ihn auf und gibt ihn weiter. Jeder trinkt seinen Becher komplett leer und gibt ihn zurück. So können die Brasilianer stundenlang zusammensitzen. Jeder der vorbeikommt bekommt einen Becher angeboten. Sehr gemütlich! =) Und lecker!

So weit - so gut. Ich lass nun noch ein paar Bilder sprechen:




Ferienprogram
Ferienprogram
Seifenfussball ;-)
Ferienprogram
Ferienprogam
Die Kinder haben gerne uns unbekannte Wörter übersetzt. Dahinter der von allen geliebte Schreiner der Kindertagesstätte.


Frühstück: Matetee und Brötchen
Frühstück in Vorbereitung.
Mittagessen in Vorbereitung. Reis, Bohnen und Würstcheneintopf.

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