Montag, 9. März 2015

Brasilien 2005 - Sprache

Na, was wird in Brasilien gesprochen?
Häufig wird davon ausgegangen, dass ich Spanisch spreche. Das ich Spanisch lediglich gut verstehe, verwirrt einige erst mal ziemlich, bis ich erkläre, dass in Brasilien portugiesisch gesprochen wird.
In fast allen anderen Ländern Südamerikas wird aber tatsächlich Spanisch gesprochen.

Den Praktikanten wird bei der Vorbereitung für Brasilien gesagt, dass sie vorher auf jeden Fall portugiesisch lernen müssen. Als Tipp wird einem zum Beispiel ein VHS Kurs empfohlen oder Langenscheidt's praktischer Sprachlehrgang Brasilianisch mit Audio-CD. Da es in meiner direkten Umgebung keinen VHS-Kurs gab, begann ich mit dem Langenscheidt Sprachlehrgang. Ich muss gestehen, dass ich damals einfach mit Hilfe von Kärtchen Vokabeln gelernt habe. In meinen Mittagspausen war ich oft mit meinen Kärtchen im Wald unterwegs und hab gelernt. Die Grammatik, speziell die Zeiten und das konjugieren der Verben, hat mich etwas überfordert. Da ich gar kein Grammatikgenie bin, hätte ich dazu echt jemanden gebraucht, der es mir gut erklärt. 
Wenn ich mir die wenigen Bewertungen bei Amazon durchlese, fand nicht nur ich diesen Sprachlehrgang nicht besonders gut.

Erstaunlicherweise waren mir die zwei Verben für das Wort "sein" sehr schnell klar und auch im Kopf gespeichert. Da gibt es einmal das Wort "ser" für andauernde und bleibende Zustände und einmal das Wort "estar" für momentane, vorübergehende Zustände.
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es im spanischen sogar drei Wörter für das Verb "sein".

So flog ich nach Brasilien und war der Meinung, dass ich eigentlich gar nichts konnte.

Intensive Nutzungsspuren
Und wie sehe ich das im Nachhinein?
Alle Vokabeln die ich im Voraus mühsam gelernt hatte, hätte ich vor Ort innerhalb kürzester Zeit im Kopf gehabt.
Klar, die ersten ein bis zwei Wochen war alles was ich hörte ein einziger Brei. Ich konnte keine einzelnen Wörter heraus hören. Währenddessen waren die Kinder in der Kindertagesstätte aber sehr hilfreich. Sie deuteten einfach auf alles mögliche und sagten das Wort dazu. Ich hab es nachgesprochen und die Kinder haben mich korrigiert. Überhaupt war die Verständigung mit Hilfe von Gesten, Händen und Füßen total einfach.
Als das Gehörte dann kein Brei mehr war, war das Wörterbuch im Hosentaschenformat sehr hilfreich. Jedes nicht bekannte Wort war schnell nachgeschlagen und auf einen kleinen Zettel geschrieben. 
Diese gesammelten Wörter übertrug ich jeden Abend in eine Liste, die ich immer wieder durchgeschaut hab, damit Worte die man nicht so oft braucht, nicht gleich wieder in Vergessenheit geraten.


Die regelmäßigen Verben in lila.
Ganz praktisch für mich war, dass zu meinem Anfang, die Kinder in meiner Gruppe (ca. 9-11Jahre) im Stützunterricht portugiesisch hatten. Dazu wurde viel mit Comicheftchen gearbeitet, die die Kindertagesstätte aus Spenden bekommen hatte. Ich verbrachte diese Zeit damit, mir diese Heftchen zu übersetzten, Wörter raus zu schreibe, die ich dann abends wieder in meine Liste übertrug.

Unregelmäßige Verben auch in lila, konjugiert in
Gegenwart und Vergangenheit.
In der Vorbereitungszeit bekam ich die Empfehlung vor Ort Stunden bei einer Lehrerin zu nehmen.
Die Mitpraktikantin und ich wurden vom Leiter der Kindertagesstätte an eine Lehrerin in der Stadt vermittelt. 
Einmal in der Woche hatten wir Unterricht. Zum einen recht schwierig wenn man sich so gar nicht verständigen kann und sie gleich volle Kanne mit Gramatik los legt und nur portugiesisch spricht. Hausaufgaben gab es auch jedes Mal. Meistens ein gar nicht einfacher Text und Fragen dazu. Damals hab ich es echt nicht verstanden und wir hatten das Glück, dass uns ein guter Freund aus der Kindertagesstätte die Hausaufgaben machte. Wenn ich mir jetzt den Text so durchlese, frag ich mich wo damals das Problem lag. Heute wären diese Aufgaben keine große Sache. 
Das beweist aber,  dass wir die Sprache auch ohne diesen Unterricht gelernt haben. Ja, besonders lange haben wir es nicht ausgehalten. Ganz oft haben wir die Sekretärin der Kindertagesstätte darum gebeten, für uns abzusagen und bald haben wir es ganz gelassen.
Die 4 Arten von regel-
mäßigen Verben, enden auf
-ar, -er, -ir, -or

Die größte Hilfe waren für mich einmal der Zivi, der als wir ankamen schon ein halbes Jahr vor Ort war und zum anderen eine deutsche Mitarbeiterin die damals schon einige Jahre in Brasilien war. Durch die Beiden lernte ich wirklich viel. Zum Beispiel gab sie mir eine Liste mit den regelmäßigen und unregelmäßigen Verben und zeigte mir die wichtigsten Zeiten auf die ich mich erst mal konzentrieren sollte. Ich sag nur Verben konjugieren.

Eine kleine Besonderheit der portugiesischen Sprache für uns Deutsche ist die nasale Aussprache, die uns meistens nicht besonders leicht fällt, einem aber schnell zum Verhängnis werden kann. =D

Zum Beispiel:
O pão - Das Brot/Das Brötchen
O pau - Das Holz

oder:
Os pães - Die Brote/Die Brötchen
Os pais - Die Eltern

O país - Das Land

Dazu einige Seiten mit unregelmäßigen Verben
Anfangs war das schon etwas schwierig und wenn ich Brötchen kaufen wollte, erntete ich häufiger mal einen komischen Blick. Bald hatte ich es aber ganz gut drauf, fast zu gut. Denn ich sprach plötzlich auch Wörter nasal aus, die gar nicht nasal ausgesprochen werden und erntete dann auch dafür wieder komische Blicke. =D

Eine andere Besonderheit, die ich allerdings gar nicht schwierig fand, sind die Vokale a,e und o, die sowohl offen, als auch geschlossen ausgesprochen werden können. Im Deutschen werden diese Vokale nur geschlossen gesprochen. 
Auf weitere gramatikalische Besonderheiten möchte ich hier nun aber nicht eingehen. =) 

Lebensmittel waren mir
schon immer wichtig =D
Eine kleine Geschichte fällt mir da grad ein. Als wir noch gar nicht lange in Brasilien waren, standen ein paar Feiertage an. Wir wollten diese Tage nutzen und was anderes sehen. Da wir uns sprachlich noch nicht so sicher fühlten, organisierte uns der Kindertagesstättenleiter eine kleine Tour ins nicht weit entfernte Bonito, am Rande des Pantanal. Dort kamen wir, als wir abends in einer Kneipe saßen, mit einigen Leuten ins Gespärch. Unter anderem drei Brüder aus São Paulo. Da wir keine Brasilianerinnen sind, drehten sich die Gespräche immer erst mal darum, wie lange wir in Brasilien sind, wie uns Brasilien gefällt, was wir machen und warum wir das machen. Als diese drei Brüder hörten, dass wir in einer Kindertagesstätte in einer Favela arbeiten, meinten sie, dass man uns das anhört. Wir hätten voll den Favela-Slang. Ehrlich gesagt, kann ich mir das gut vorstellen, denn genau in den Favelas haben wir Portugiesisch gelernt. Und auf eine Art war ich irgendwie auch stolz darauf. =D

Ich bin echt froh noch eine zusätzliche Sprache zu sprechen! Da ich echt nicht Sprachbegabt bin, hätte ich wahrscheinlich ohne dieses Praktikum nie noch eine Sprache gelernt. Von sehr großem Vorteil empfinde ich, dass portugiesisch eine romanische Sprache ist und ich somit sehr gut spanisch verstehe und mich verständigen kann. Nicht hörend verstehen, aber lesend grob verstehen kann ich das Italienische und ein kleines bisschen französisch. Ich empfinde es immer wieder erstaunlich wie sehr verwandt diese Sprachen sind.
Grad spanisch gut zu verstehen und mich verständigen zu können, war von großem Vorteil, als wir mit dem Rucksack in Argentinien, Peru und Costa Rica unterwegs waren.

4 Kommentare:

  1. Hallo Sarah,
    ja die Sprache ist schon etwas besonderes. Als ich das erste Mal in Brasilien war, da musste ich auf eine 6-jähriges Mädchen aufpassen. Die ging mit mir in einen Laden und hat mir Sachen gezeigt. Dann musste ich das Wort auf deutsch und auf porugiesisch sagen. Das war meine erste Sprachlehrerin. Mittlerweile kann ich es etwas besser,... Das besondere am brasilianisch Portugiesisch ist, dass es dem europäischen Spanisch viel näher ist als dem Portugiesisch von Portugal. So empfinde ich es. Ich verstehe einen Spanier besser als einen Portugiesen.
    Vamos ver, vielleicht kann ich das Portugiesisch auch mal wieder in Brailien gebrauchen.
    Ein schönens Wortspiel noch. Ein pastor allemao, kann ein deutscher Schäferhund sein, oder eben ein Pfarrer aus Deutschland. Das Verb prego kann predigen heißen, oder nageln. O pastor alemao prego. Das kann also heißen, der deutsche Pfarrer predigt; oder der deutsche Schäferhund nagelt. Da sag einer deutsche Sprache, schwere Sprache,....

    Jesse

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Jesse,
      Du hast recht und beruhigst mich! Als ich mal in Lissabon war, hatte ich den Eindruck alles vergessen zu haben, dabei wird in Brasilien eine Art Dialekt gesprochen der dem Spanischen tatsächlich sehr ähnlich ist.
      Hach, über den pastor alemao hab ich auch schon oft geschmunzelt. :-)
      Eine Sache hab ich oben ganz vergessen: Die Kids baten uns oft darum, das deutsche Alphabet aufzusagen und haben sich beim Q fast gekringelt vor lachen. =D
      Zum portugiesisch sprechen komme ich eigentlich gar nicht, leider. Aber immerhin zum schreiben. Die Kids aus der KTS, inzwischen alle erwachsen, sind bei Facebook und haben Whats app. Schön, wenn man so noch Kontakt halten kann. =)

      Viele, viele Grüße,
      Sarah =)

      Löschen
  2. Das klingt echt spannend! :)

    Oh. Und: Das kann ich gut verstehen. Ich habe in meinen Jahren des bilingualen Bio- und Politikunterricht nie so viel Englisch gelernt, wie in der kurzen Zeit, in der ich dort war. Eine Sprache prägt sich einfach viel besser ein, wenn sie etwas symbolisiert: Ein Gespräch, einen Sinn, eine Situation. Lernen mit Vokabellisten lag mir auch noch nie. ;)

    Liebe Grüße zu dir,
    Sarah

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, da hast Du absolut recht!
      Ich brauch auch einfach den Klang der Sprache. Das bleibt im Kopf und kommt automatisch wieder. =) Viel eher als mir stummen Kärtchen. =)

      Liebe Grüße,
      Sarah =)

      Löschen